Abtrünnige
Das Wort „Abtrünnige“ findet sich im Neuen Testament nicht.
Was sind Abtrünnige gemäß den Zeugen Jehovas?
Aussagen aus dem Unterredungsbuch und Fragen dazu
Wie beschreibt die Organisation der Zeugen Jehovas sogenannte Abtrünnige?
[rs] Unterredungen anhand der Schriften (Kapitel Abfall, Abtrünnigkeit / Einige Kennzeichen der Abtrünnigen):
Sie behaupten vielleicht, Gott zu dienen, doch lehnen sie seine Vertreter, seine sichtbare Organisation, ab.
- Wie mag der Pfarrer über die Zeugen Jehovas denken, die zu seinen Gemeindemitgliedern gehen? Doch genau so, oder?
- Beschreibt der Text aus dem Unterredungsbuch nicht treffend den ehemaligen Katholiken, der ein Zeuge Jehovas wurde? Er lehnt jetzt die katholische Kirche (aus deren Sicht auch so etwas wie Gottes Organisation auf Erden) ab.
- Wie mögen die Pharisäer über Jesus gedacht haben? Doch genau so, oder?
Dennoch war der Weg Jesu richtig und er hatte definitiv den absoluten Rückhalt seines himmlischen Vaters.
Was hatte er getan? Er hatte diejenigen (Pharisäer) angegriffen, die sich als Vertreter von Gottes damaliger Organisation (Das
Judentum — falls man den Begriff „Organisation“ hier verwenden möchte) gesehen haben, aber den Geist des Wortes nicht verstanden
hatten. Bei manchen Dingen gingen sie weit über das hinaus, was Gott geboten hatte oder ergänzten Gottes Gebote um menschliche
Anschauungen, bei anderen ignorierten sie den Willen des Vaters klar.
Matthäus 23:24
Blinde Leiter, die ihr die Mücke aussiebt, das Kamel aber hinunterschluckt!
Lukas 11:42
Wehe aber euch, ihr Pharisäer, denn ihr gebt den Zehnten von der Minze und der Raute und von jedem [anderen]
Gartengewächs, übergeht aber das Recht und die Liebe Gottes! Diese Dinge wart ihr zu tun verpflichtet, doch jene anderen Dinge
solltet ihr nicht unterlassen.
[rs] Unterredungen anhand der Schriften (Kapitel Abfall, Abtrünnigkeit / Einige Kennzeichen der Abtrünnigen):
Sie versuchen, andere zu ihren Nachfolgern zu machen, wodurch sie sektiererische Spaltungen verursachen.
Apostelgeschichte 20:30
„Aus eurer Mitte selbst werden Männer aufstehen und verdrehte Dinge reden, um die Jünger hinter sich her
wegzuziehen.“
Definition und Einstufung gemäß dem Buch „Hütet die Herde Gottes“
Abtrünnigkeit: Abtrünnigkeit bedeutet, sich von der wahren Anbetung abzuwenden, davon abzufallen, sie vollständig aufzugeben und dagegen zu rebellieren. Darunter fällt:
- Festtage der falschen Religion feiern (2. Mo. 32:4-6; Jer. 7:16-19): Nicht alle Feiertage haben direkt mit der falschen Religion zu tun. Deshalb ist nicht immer ein Rechtskomiteeverfahren nötig.
- Beteiligung an Aktivitäten anderer Religionen (2. Kor. 6:14, 15, 17, 18): Abtrünnigkeit schließt ein, sich vor Altären, Schreinen, Götzen und Bildern niederzubeugen, Lieder der falschen Religion mitzusingen und gemeinsam zu beten (Offb. 18:2, 4).
- Absichtlich Lehren verbreiten, die der biblischen Wahrheit widersprechen (2. Joh. 7, 9, 10; lvs S. 245; it-1 S. 22, 23): Hat jemand aufrichtig Zweifel an der biblischen Wahrheit, wie Jehovas Zeugen sie lehren, sollte
man ihm helfen und liebevoll Beistand leisten (2. Tim. 2:16-19, 23-26; Jud. 22, 23). Ständig über falsche Lehren zu sprechen oder sie absichtlich zu verbreiten, kann Abtrünnigkeit sein oder dazu führen. Reagiert jemand nicht
auf eine erste und zweite Ermahnung, wird ein Rechtskomitee gebildet (Tit. 3:10, 11; w86 1. 4. S. 30, 31).
- Spaltungen verursachen, Sekten fördern (Röm. 16:17, 18; Tit. 3:10, 11): Vorsätzlich die Einheit der Versammlung zu stören oder das Vertrauen der Brüder in die Leitung Jehovas zu untergraben, kann Abtrünnigkeit sein oder dazu führen (it-2 S. 907).
- Jemandes Berufstätigkeit fördert falsche Religion: Ein Arbeitsverhältnis fortzusetzen, das eng mit der falschen Religion verbunden ist oder diese fördert, ist ein Grund für einen Gemeinschaftsentzug. Gewöhnlich werden ihm sechs Monate eingeräumt, um nötige Änderungen
vorzunehmen (w99 15. 4. S. 28-30; /vs S. 205, 206).
- Spiritismus (5. Mo. 18:9-13; 1. Kor. 10:21, 22; Gai. 5:20; lvs S. 216, 217).
- Götzendienst (1. Kor. 6:9, 10; 10:14): Dazu zählt der Gebrauch von Statuen und Bildern zur Anbetung.
[sfl-X] "Hütet die Herde Gottes" (Auflage 2020, Kapitel 12.39). Es handelt sich dabei um ein Buch, das der „normale“ Zeuge Jehovas nicht erhält, sondern das ausschließlich Ältesten vorbehalten ist.
Das Buch wird regelmäßig aktualisiert und neu herausgegeben. Fettgedruckte Stellen wurden so aus der Quelle übernommen, wie oben gesetzt.
Besonders interessant finde ich hier die Aussage „Hat jemand aufrichtig Zweifel an der biblischen Wahrheit, wie Jehovas Zeugen sie lehren“ oder wie es in einer früheren Ausgabe des Buches hieß
„Bewusstes Verbreiten von Lehren, die der von Jehovas Zeugen gelehrten biblischen Wahrheit widersprechen“ (ks10-X). Offenbar ist man sich dessen bewusst, dass diese „Lehren“ von Jehovas Zeugen etwas Spezielles sind
und nicht unbedingt in allen Punkten mit der „biblischen Wahrheit“ übereinstimmen.
Wichtiger als die „biblische Wahrheit“ ist also offensichtlich das, was der „Treue und verständige Sklave“ lehrt.
Erhebt sich damit der „Sklave“ sich nicht über die Bibel, wenn nur die Interpretation der Zeugen Jehovas als gültig gesehen wird? Noch dazu, wenn man dazu die Übersetzung an einigen Stellen an diese speziellen Lehren ein wenig anpassen musste
und man dieses sogenannte „Verständnis“ immer wieder korrigieren muss.
Die obige Definition des „Sklaven“, was ein Abtrünniger ist, erfährt die Versammlung nicht, da das Buch „Hütet die Herde Gottes“ ja
nur für Älteste zugänglich ist. Das heißt, jemand kann wegen Abtrünnigkeit verurteilt werden, ohne dass er zuvor eine Möglichkeit hatte zu erfahren, was Abtrünnigkeit eigentlich ausmacht.
Man könnte das vergleichen mit einer Stadt, in der der Bürgermeister beschließt, dass im Stadtgebiet nur 20km/h erlaubt sind, ohne dass
entsprechende Schilder aufgestellt werden. Die Beschlüsse dazu sind nur für Mitglieder des Stadtrats zugänglich und auch nur ihnen bekannt. Jemand, der dann mit
50km/h geblitzt wird, würde daraufhin seinen Führerschein verlieren ohne dass er davon wissen konnte, wie die erlaubte Höchstgeschwindigkeit ist.
Weitere Beschreibungen für Aussteiger
Man schreckt aber auch nicht vor möglichst verabscheuungswürdigen Aussagen über diejenigen, die die Zeugen Jehovas verlassen haben und deren Lehren als falsch anprangern, zurück.
Auf dem Bezirkskongress 2013 wurde sie unter anderem als „Küchenhelfer Satans“, „Schwätzer“, „Sinnesbetörer“ bezeichnet und gesagt „Sie trinken vom Becher der Dämonen“.
Ziel ist es, Aussteiger möglichst abstoßend erscheinen zu lassen, ja man soll regelrecht Ekel vor ihnen empfinden. Warum? Vielleicht auch deswegen, weil die „Leitende Körperschaft“ sich davor fürchtet, von ihnen
entlarvt zu werden und sich darum sorgt, dass ihre Schäfchen davon erfahren?
Müsste man nicht auch andere als „Abtrünnige“ bezeichnen?
War C.T. Russell ein Abtrünniger gemäß der Definition der Organisation?
Was sagt die Literatur der Organisation über den religiösen Lebensweg von C. T. Russell?
[jv] Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes S. 52-43 (Die Verkündigung der Wiederkunft des Herrn (1870—1914)):
Trotz seiner presbyterianischen Erziehung schloß sich Charles später der Kongregationalistenkirche an, da ihm ihre
Ansichten eher zusagten.
...
Dort hörte ich zum ersten Male etwas über die Ansichten der Adventisten, und zwar von dem Prediger Jonas
Wendell ... Ich bekenne daher, daß ich sowohl den Adventisten als auch anderen Denominationen Dank schulde.
Was tat C. T. Russell später selbst durch den Wachtturm?
[jv] Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes S. 51-52 (Die Verkündigung der Wiederkunft des Herrn (1870—1914)):
Wozu wurden die Leser des Wacht-Turms also ermuntert? Russell schrieb: „Wenn die Kirche, mit der du verbunden
bist, in ehebrecherischer Gemeinschaft mit der Welt lebt, mußt du sie verlassen, damit du ein weißes Gewand haben kannst.“
Russell und seinen Gefährten war damals nicht die volle Tragweite des Einflusses Babylons der Großen bewußt. Dennoch wurden die
Leser des Wacht-Turms aufgefordert, sich von Kirchen zu trennen, die korrupt und weltlich waren (Joh. 18:36).
Gehört damit nicht auch C. T. Russell zu diesen Männern, über die das Unterredungsbuch sagt
„Sie versuchen, andere zu ihren Nachfolgern zu machen, wodurch sie sektiererische Spaltungen verursachen.“?
Oder hielt er sich nur an das, was der Wachtturm später sagte:
Der Wachtturm, 15. April 1994, S. 227 (Artikel: Kann man mit Gott übereinstimmen und dennoch die Tatsachen verheimlichen?):
„Kann man sagen, es sei lieblos, wenn jemand Menschen vor einer drohenden Gefahr, die sie nicht wahrnehmen,
warnt oder wenn er sie darauf aufmerksam macht, daß sie von Personen irregeführt werden, die sie als ihre
Freunde betrachten? Sie mögen es vorziehen, die Warnung in den Wind zu schlagen. Oder vielleicht nehmen
sie sie sogar übel. Enthebt ihn das aber der Verantwortung, die Betreffenden zu warnen?“
Nichts anderes tun aber die, die die Organisation der Zeugen Jehovas gerne als „Abtrünnige“ bezeichnet: Sie
warnen vor unbiblischen Lehren und damit verbundenen Gefahren.
War Jesus Christus ein Abtrünniger gemäß der Definition der Organisation?
Nehmen wir die Aussage aus dem oben zitierten Buch „Hütet die Herde Gottes“ mit einer leichten Anpassung (kursiv) an die geistigen Führer aus Jesu Zeit:
Absichtlich Lehren verbreiten, die der biblischen Wahrheit widersprechen: Hat jemand aufrichtig Zweifel an der biblischen Wahrheit, wie die Oberpriester mit den älteren Männern und den Schriftgelehrten sie lehren, sollte
man ihm helfen und liebevoll Beistand leisten. Ständig über falsche Lehren zu sprechen oder sie absichtlich zu verbreiten, kann Abtrünnigkeit sein oder dazu führen. Reagiert jemand nicht
auf eine erste und zweite Ermahnung, wird ein Rechtskomitee gebildet.
Was taten nun diese Männer?
Matthäus 26:59
Mittlerweile suchten die Oberpriester und der gesamte Sanhedrin nach einem falschen Zeugnis gegen Jesus, um ihn zu Tode zu bringen.
Sind nicht auch die Zeugen Jehovas davon überzeugt, dass jemand, der aus der Versammlung ausgeschlossen oder gar abtrünnig wurde, das ewige Leben verloren hat?
Wird er also nicht auch — gemäß dieser Auffassung — zum Tode verurteilt?